Forstwirtschaft Auf Gut Mergenthau werden selbst aufgezogene Christbäume verkauft – alles ist dabei bio. Wie viel Mühe dahinter steckt und welche Herausforderungen es zu meistern gilt

Christian Gall

Kissing/Gut Mergenthau Viele Menschen kennen Gut Mergenthau als Veranstaltungsort – seien es der Weihnachtsmarkt oder die Gartentage, die jedes Jahr Besucher locken. Doch das wirtschaftliche Rückgrat des Landguts bilden mehrere Hektar Wald und Kulturland. Derzeit finden die selbst aufgezogenen Bio-Christbäume reißenden Absatz. Doch wie viel Arbeit steckt dahinter? Die Antwort auf diese Frage kennt Ulrich Resele. Der Lebensgefährte der Gutsbesitzerin Monika Fottner steckt seit 20 Jahren Zeit und Energie in den Betrieb.

Seinen Stolz kann er nicht ganz verbergen, wenn er durch die Reihen der Bäume läuft. Kaum mehr als 20 Zentimeter hoch sind die jüngsten Pflanzen und doch schon knapp fünf Jahre alt. „Wir bekommen die Setzlinge mit vier Jahren. Zehn bis zwölf Jahre haben wir sie dann bei uns, bis wir sie fällen“, erklärt Resele. Anfangs ist es entscheidend, dass die jungen Bäumchen nicht von anderen Pflanzen überwuchert werden. Da auf Gut Mergenthau Naturland-zertifizierte Bio-Christbäume aufgezogen werden, kommen dafür kommerzielle Herbizide nicht infrage. Neben der Arbeit mit der Hand hat Resele weitere Methoden: Eigens konstruierte Werkzeuge trimmen das Grün rund um den Baum. Ein im Boden steckendes Profileisen schützt dabei die Pflanze – sobald der Trimmer das Metall berührt, hört das Gerät mit dem Rückschnitt auf. Die andere Methode ist das Gegenteil von Hightech – seit September leben auf Gut Mergenthau 25 Shropshire-Schafe. Die dürfen auf dem Land grasen und lassen die Bäume dabei unberührt. „Nächstes Jahr möchte ich noch einen Bock dazukaufen, damit wir im Lauf der Zeit auf 50 Schafe kommen“, sagt Resele.

In der Nähe des Schafstalls stehen die älteren Bäume. 2015 wurden sie auf Gut Mergenthau eingepflanzt, in zwei bis drei Jahren sind sie reif zum Fällen. Resele zeigt die Unterschiede an den einzelnen Pflanzen, erklärt, welche sich gut verkaufen: „Begehrt sind dicht gewachsene Bäume, die eine schöne A-Form haben.“ Damit das erreicht wird, ist Handarbeit gefragt – Resele zeigt auf einige Kerben, die beim genauen Hinschauen an jedem Baum zu erkennen ist. „Während der Wachstumsphasen schneiden wir mit einer Zange die Rinde ein. Diese Wunde muss der Baum heilen, wodurch er weniger Energie aufwenden kann, um in die Höhe zu wachsen. Dadurch wird der Baum kompakter“, erklärt er.

Allerdings wird nicht jeder Baum eine absolute Schönheit – bei einem Naturprodukt ist das keine Seltenheit. Es gibt aber Faktoren, die den Pflanzen besonders zusetzen. Einer davon sind Schädlinge, die sich auf den Nadeln niederlassen – zum Beispiel Tannentriebläuse. Denen wird mit Molke zu Leibe gerückt, die auf den Nadeln aufgebracht wird. „Durch die darin enthaltene Säure können sich die Läuse nicht mehr wie gewohnt weiterentwickeln“, erklärt Resele. In diesem Jahr sind es besonders Mäuse, die Probleme verursachen – die knabbern mit Vorliebe die Wurzeln an, wodurch der Baum nicht nur im Wachstum gehemmt wird, sondern auch seine dunkelgrüne Farbe verliert. Daher fallen nur rund 50 Prozent der Bäume in die A-Kategorie, in der optimal gewachsene Christbäume geführt werden – der Rest ist immer B- oder C-Ware.

Viel Arbeit haben Resele und bis zu drei Helfer mit den Pflanzen. Der Forstwirt schätzt, dass pro Hektar Anbaufläche jährlich 120 Arbeitsstunden zusammenkommen – und rund um Gut Mergenthau befinden sich zehn Hektar Land, auf dem etwa 30 000 Bäume in verschiedenen Wachstumsstadien stehen. Jahrelange Mühe dafür, dass der Baum höchstens ein paar Wochen lang ein Zimmer schmückt. Deprimiert über die überschaubare Nutzungsdauer ist Resele aber nicht: „Der Baum macht einen Teil der weihnachtlichen Emotionen aus.“ Er sehe sich als Dienstleister, der gute Bäume an seine Kunden geben will.

Am Interesse mangelt es nicht – jedes Jahr werden Bäume von anderen Bio-Betrieben zugekauft, um der Nachfrage gerecht zu werden. Davon will Resele aber wegkommen – sein Ziel ist es, den eigenen Bedarf zu decken. Das ist nicht seine einzige Zukunftsvision – in zwei Jahren will er so weit sein, dass Kunden ihre Bäume selbst schlagen können. „Ich finde es wichtig, dass wir unsere Arbeit zeigen und dass die Menschen sehen, was hier gemacht wird.“ Dazu gibt es schon heute regelmäßig Führungen über die Felder – Gut Mergenthau ist auch ein Demonstrationsbetrieb des „Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft“ (BÖLN). Auch abseits davon können sich Interessierte, die einen Blick hinter die Kulissen von Gut Mergenthau werfen möchten, bei Ulrich Resele melden.

Kontakt zum Gut Mergenthau über Telefon 08233/5414 oder online auf www.gut-mergenthau.de

Ulrich Resele zeigt einen Baum der Klasse C und der Klasse A (rechts). Fotos: Christian Gall

Natürliche Rasenmäher: Shropshire-Schafe fressen den Bewuchs rund um die Bäume, damit diese ungehindert wachsen können. Mit kleinen Schnitten im Stamm wird verhindert, dass der Haupttrieb der Nordmanntanne zu stark wächst. Dadurch wird der Baum dichter.